CDU Reilingen

Massiver Fachkräftemangel und langsame bürokratische Mühlen

Konstruktiver Austausch mit dem bildungspolitischen Sprecher der CDU-Fraktion Andreas Sturm MdL und den Verantwortlichen der Pflege- und Physiotherapieschulen der BBT-Gruppe

Bad Mergentheim. Vertreter der BBT-Gruppe Region Tauberfranken-Hohenlohe sprachen mit dem bildungspolitischen Sprecher der CDU-Fraktion Andreas Sturm MdL im Caritas-Krankenhaus Bad Mergentheim über Ursachen sowie notwendige und geplante Maßnahmen in Bezug auf den zunehmenden Fachkräftemangel im Gesundheitswesen, insbesondere in den Bereichen Physiotherapie, Altenpflege und Kinderkrankenpflege.

Vor allem bürokratische Hürden in der Zulassung von Lehrkräften, der Zertifizierung von Ausbildungsbereichen oder der Anerkennung von ausländischen Auszubildenden sowie eine nicht auskömmliche Finanzierung machten den Akteuren vor Ort zu schaffen, berichteten die Verantwortlichen der vier Ausbildungsstätten der BBT-Gruppe in der Region sowie Pflegedirektor Frank Feinauer und Regionalleiter Thomas Wigant.

Generalistische Pflegeausbildung hat neue Herausforderungen geschaffen

„Wir bilden den eigenen Nachwuchs für die insgesamt 25 Einrichtungen in der Region Tauberfranken-Hohenlohe in unseren drei Pflege- und Gesundheitsfachschulen an den Standorten Caritas-Krankenhaus Bad Mergentheim, Krankenhaus Tauberbischofsheim und Hohenloher Krankenhaus Öhringen sowie der Fachschule für Physiotherapie in Bad Mergentheim aus“, beschrieb Regionalleiter Thomas Wigant eingangs das beständige Engagement der BBT-Gruppe in der Ausbildung des medizinischen Nachwuchses.

„Die seit 2020 eingeführte sogenannte generalistische Pflegeausbildung hat bisher dazu geführt, dass sich immer weniger Pflegende für die Altenpflege oder die Kinderkrankenpflege entscheiden“, konkretisierte Pflegedirektor Frank Feinauer die zunehmend prekäre Situation in den Krankenhäusern und Altenpflegeeinrichtungen. Die nachträgliche Weiterbildung von Gesundheits- und Krankenpflegekräften zu Kinderkrankenpflegekräften sei mit einem hohen organisatorischen und finanziellen Aufwand verbunden. Außerdem hätten spezialisiertere Berufe wie Operationstechnische oder Anästhesietechnische Assistenzen stärkeren Zulauf, was in einem völlig unberechtigten aber immer noch anhaltend schlechten Image der Kranken- und Altenpflege begründet sei.

„Dank sehr guter Kooperationen mit den Schulen im Umkreis machen rund 300 Schülerinnen und Schüler im Main-Tauber-Kreis und 200 Schüler in Hohenlohe ein Praktikum in unseren Einrichtungen. Wir haben auch gute Modellprojekte, bei denen sich das Schülerpraktikum auch über ein Jahr hinweg an einem Nachmittag pro Woche erstreckt“, berichtete der Pflegedirektor. 100 Prozent der Auszubildenden an beiden Krankenhausstandorten würden so generiert und es sei eine enorme Entwicklung der Jugendlichen während ihrer Praxiseinsätze sichtbar. Auch das bisher staatlich leider nicht unterstützte „Freiwillige Soziale Jahr“ trage dazu bei, junge Menschen für Berufe im gesundheitlichen Bereich zu begeistern.

Der Landtagsabgeordnete Andreas Sturm unterstrich die Signifikanz praktischer Erfahrungen im sozialen Bereich: „Eine Dienstpflicht im Rahmen eines sogenannten Deutschlandjahres ist bereits gefordert. Damit würden die Erfahrungen aufgegriffen, die Sie auch vor Ort machen: Das soziale Engagement stärkt nicht nur den gesellschaftlichen Zusammenhalt, sondern fördert auch den persönlichen Entwicklungsprozess und die Sozialkompetenz von Schulabsolventen. Wir haben in der neuen Schulgesetzgebung außerdem die berufliche Orientierung stärker verankert, auch in den Schulen der Sekundarstufe 1, die bis zur 10. Klasse gehen“, erklärte der bildungspolitische Sprecher Sturm.

Tobias Wagner, Leiter des Bildungszentrums Gesundheit und Pflege in Öhringen ging insbesondere auf die Bedeutung der generalistischen Helferausbildung als Einstieg für Jugendliche mit Hauptschulabschluss und Chance für den weiteren Berufsweg als Pflegefachkraft ein. Das Bildungszentrum Öhringen warte noch auf die Zulassung für die generalistische Helferausbildung, für Tauberbischofsheim werde momentan das Curriculum für die Pflegehelferausbildung erstellt.

Schulleiter Tobias Wagner und Norbert Stolzenberger, Leiter der Bildungszentren am Caritas-Krankenhaus und am Krankenhaus Tauberbischofsheim, stehen derzeit außerdem vor bürokratischen Hürden: „Die Anerkennung von Lehrkräften aus anderen Bundesländern ist ein langwieriger Prozess, der viel Zeit und Ressourcen in Anspruch nimmt und oft nicht nachvollziehbar ist“, erklärte Norbert Stolzenberger. Hinzu kämen Unsicherheiten beispielsweise wegen der vom Bund geplanten Master-Pflicht für Lehrkräfte ab 2029, die in der Praxis nicht umsetzbar sei. Äußerst positive Erfahrungen habe man hingegen im Bereich der Gewinnung von Auszubildenden aus dem Ausland mit einer Kooperation mit der Mount Kenya University und der Hochschule Koblenz gemacht, durch die sieben Pflegeschülerinnen und -schüler aus dem christlich geprägten Kenia im vergangenen Jahr ihre generalistische Pflegeausbildung in Bad Mergentheim beginnen konnten: „Wir werden dieses Projekt trotz Hürden durch Behörden mit langen Rückmeldefristen weiterhin forcieren“, erklärten Schulleiter Norbert Stolzenberger und Pflegedirektor Frank Feinauer. Eine finanzielle Unterstützung des Landes sei auch hier insbesondere bei den Vorbereitungskosten von 3.000 bis 5.000 Euro pro Schüler bis zum Ausbildungsbeginn hilfreich.

Unzureichende Finanzierung schafft Wettbewerbsnachteil

„In der Struktur der staatlich anerkannten Ersatzschulen erhalten wir zwar eine staatliche Förderung, die allerdings nicht auskömmlich ist, sodass die Auszubildenden im Bereich Physiotherapie in Baden-Württemberg Schulgeld zahlen müssen“, wies die Geschäftsführerin von Sanitas Tauberfranken mit der Fachschule für Physiotherapie Gabriele Weidner auf die unzureichende Finanzierung der Physiotherapie-Ausbildung hin. „Unsere Fachschule für Physiotherapie generiert mit ihren insgesamt 95 zugelassenen Ausbildungsplätzen nicht nur den Nachwuchs für die Einrichtungen der BBT-Gruppe, sondern als einzige Schule im Umkreis auch für alle niedergelassenen Praxen vom Neckar-Odenwald-Kreis bis nach Rothenburg“, führte Gabriele Weidner weiter aus und untermauerte damit die Dringlichkeit der notwendigen Unterstützung.

„Wir haben im Landeshaushalt derzeit 100 Millionen Euro für die Ersatzschulen in diesem Bereich angesetzt. Außerdem konnte eine geplante Streichung der 4,5 Millionen Euro, die als Schulgeldpuffer eingegeben sind, verhindert werden, sodass das Schulgeld weiterhin wenigstens um 25 bis 30 Prozent gesenkt werden kann. Trotzdem ist die Situation weiterhin sehr unbefriedigend“, erläuterte der Landtagsabgeordnete Andreas Sturm die politischen Hintergründe. „Eine zeitnahe bundeseinheitliche Regelung wäre wünschenswert“, erklärte Sturm, bis dahin müsse aber auch auf Landesebene nachgefasst werden. Regionalleiter Thomas Wigant begrüßte diese mögliche Bewegung: „Der Wettbewerbsnachteil durch die räumliche Nähe zum bayerischen Würzburg ist enorm, sodass eine Entlastung dringend notwendig ist“. „Das Thema, das die Menschen derzeit am meisten umtreibt, ist die soziale Sicherheit“, erklärte Andreas Sturm MdL abschließend und sagte seine Unterstützung insbesondere bei der Überwindung bürokratischer Hürden zu. Regionalleiter Thomas Wigant dankte herzlich für den direkten Kontakt und den konstruktiven Austausch.

Auf dem Foto: Der Regionalleiter der BBT-Gruppe Tauberfranken-Hohenlohe Thomas Wigant (r.) begrüßte den bildungspolitischen Sprecher der CDU-Fraktion Andreas Sturm MdL (2.v.r.) zum Gespräch mit (2.v.l.) Pflegedirektor Frank Feinauer und den Leitern der BBT-Fachschulen Norbert Stolzenberger (l.), Gabriele Weidner und Tobias Wagner (3.v.l.)