Sturm MdL (CDU): Umbenennung des Rokokotheaters in Pigage-Theater muss auf den Prüfstand
Schwetzingen. So richtig Begeisterung kam bei dem Landtagsabgeordneten Andreas Sturm (CDU) nicht auf, als er erfuhr, dass das „berühmte Schwetzinger Rokokotheater“ zu Ehren seines Architekten Nicolas de Pigage und dessen 300. Geburtstages im August 2023 in „Pigage-Theater“ umbenannt werden soll.
Sturm: „Zunächst mal vielen Dank an die Schwetzinger Zeitung, die darüber ausführlich informierte. Auch ich habe meine Informationen aus dieser Zeitung. Weder seitens der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württembergs noch seitens des baden-württembergischen Finanzministeriums gab es einen Hinweis, dass man auf der Suche nach einem neuen Namen für das Rokokotheater ist. Das ist erstaunlich, zumal ein solche Entscheidung ja am Ende eines meist langen Prozesses steht und nicht innerhalb einer Woche getroffen wird. Auch bin ich grundsätzlich der Meinung, dass eine Dialogaufnahme mit der Stadt Schwetzingen und den Schwetzinger Bürgerinnen und Bürgern gut gewesen wäre. Darauf hat man offenbar bewusst verzichtet und jetzt einfach mal die Entscheidung mitgeteilt. Ein solches Vorgehen kann ich nicht gutheißen und werde das auch parlamentarisch hinterfragen.“
Nicolas de Pigage habe mit dem Rokokotheater ein unglaubliches, einzigartiges Meisterwerk geschaffen, so Sturm.
In dem „Monumentflyer 2022“ der Staatlichen Schlösser und Gärten heiße es mit Blick auf das Schloss Schwetzingen und den Schlossgarten insgesamt sehr zutreffend, dass Nicolas de Pigage und später Friedrich Ludwig von Sckell, unterstützt von prominentesten Künstlern, ein „Gesamtkunstwerk von außergewöhnlicher Schönheit und Harmonie“ geschaffen hätten.
Der CDU-Landtagsabgeordnete weiter: „Das Rokokotheater, das älteste Rangtheater Europas, hat eine enorme Bedeutung für die Stadt Schwetzingen. Es prägt das kulturelle Leben in unserer Region entscheidend mit. Und der Name `Rokokotheater´ besitzt nicht nur Strahlkraft in Deutschland, sondern in der ganzen Welt. Schon aus Marketing-Gesichtspunkten halte ich eine Umbenennung für diskussionswürdig.“
Eine Diskussion über eine mögliche Umbenennung hätte daher laut Sturm „auf viel breiterer Basis“ stattfinden müssen. Nicht gelten lässt der Abgeordnete, dass man jetzt mit dem Argument käme, die Bezeichnung „Rokoko“ sei bauhistorisch unzutreffend: „Das ist lange bekannt, hat noch nie eine Rolle gespielt und kann überhaupt nicht entscheidend sein. Im Gegenteil: Das ist ein interessanter Punkt, über den man dann informieren und sprechen kann. Der Name `Rokokotheater´ ist etabliert.“
Als „befremdlich“ bezeichnete es Sturm, dass seitens der Staatlichen Schlösser und Gärten offenbar als Hauptgrund angeführt werde, dass der Name „Rokokotheater“ vom zentralen Presseorgan der NSDAP in Mannheim und Region im Jahre 1937 eingeführt worden sei – und mit dem gleichen Atemzug werde erklärt, dass der Name selbst aber nicht belastet sei.
Sturm „Wer solche Ausführungen öffentlich als Begründung bringt, der hat hoffentlich auch genau abgewogen, ob er damit rufschädigend handelt oder nicht. Erst bringt man das Rokokotheater mit der NSDAP in Verbindung, erklärt dann aber zugleich, dass der Name nicht belastet sei. Wenn der Name nicht belastet ist, und das ist in meinen Augen entscheidend, warum tritt man dann diese Diskussion los?"
Der CDU-Politiker abschließend: „Für mich ist es nicht zielführend, wenn der etablierte Name `Rokokotheater´ in der immer mehr zunehmenden Konkurrenzsituation kultureller Institutionen ausgetauscht wird. Unabhängig davon hat Nicolas de Pigage, der in Lunéville geboren wurde, der in Schwetzingen starb und nach dem die Pigagestraße benannt ist, eine herausragende Ehrung verdient. Vielleicht findet man ja eine Kombination mit dem bestehenden Rokokotheater oder einen entsprechenden Zusatz beziehungsweise Untertitel. Vielleicht bietet sich ja auch eine Statue an. Angesichts der Tragweite einer solchen, auch historischen Entscheidung, hätte ich es begrüßt, wenn man die Schwetzinger Stadtverwaltung und Bevölkerung hier miteinbezogen hätte."
Im Rahmen einer parlamentarischen Anfrage an die baden-württembergische Landesregierung will Sturm auf jeden Fall Licht ins Dunkel der Namensänderung bringen. (Text/Foto: Matthias Busse)